Die Restschuldbefreiung       

Die Restschuldbefreiung ist ein zentrales Element des deutschen Insolvenzrechts. Es bietet die Möglichkeit, nach einer bestimmten Zeitspanne von verbliebenen Schulden befreit zu werden. Dieser Prozess zielt darauf ab, überschuldeten Personen einen wirtschaftlichen Neustart zu ermöglichen. Rechtsanwalt Herr Maximilian Rohrbach fasst einige wichtige Informationen zusammen:

  1. Wer kann die Restschuldbefreiung erlangen?
  2. Welche Voraussetzungen hat die Restschuldbefreiung?
  3. Kann ich einen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung zurücknehmen?
  4. Wann kann die Restschuldbefreiung versagt werden?
  5. Können einzelne Forderungen von der Restschuldbefreiung ausgenommen sein?
  6. Welche Folgen hat eine festgestellte Ausnahme von der Restschuldbefreiung?
  7. Kann ich der Anmeldung einer Forderung als Deliktsforderung widersprechen?

Wer kann die Restschuldbefreiung erlangen?

Das Restschuldbefreiungsverfahren steht allen natürlichen Personen zur Verfügung, das heißt sowohl Verbraucher:innen und Unternehmer:innen. 

Welche Voraussetzungen hat die Restschuldbefreiung?

Um die Restschuldbefreiung zu erhalten, muss ein Antrag gestellt werden, idealerweise zusammen mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Für einen Zeitraum von drei Jahren ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens müssen die pfändbaren Einkünfte an einen vom Gericht ernannten Treuhänder abgetreten werden. Dieser verwendet die Einkünfte, um zumindest teilweise die offenen Geldforderungen der Gläubiger zu erfüllen.

Kann ich einen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung zurücknehmen?

Gemäß § 4 InsO in Verbindung mit § 269 ZPO kann der Schuldner den Antrag auf Restschuldbefreiung bis zum Schlusstermin zurückziehen, auch wenn bereits ein Gläubiger einen Antrag auf Versagung gestellt hat. Die Zustimmung der Gläubiger zur Rücknahme ist bis dato nicht erforderlich.

In der Wohlverhaltensperiode ist grundsätzlich ebenfalls eine Rücknahme möglich, allerdings hier nicht mehr, wenn ein Gläubiger einen Antrag auf Versagung gestellt hat. 

Wann kann die Restschuldbefreiung versagt werden?

Die Versagung der Restschuldbefreiung ist in § 290 InsO geregelt.

Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn

  1. der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuchs rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist,
  2. der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden,
  3. (weggefallen)
  4. der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, dass er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat,
  5. der Schuldner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat,
  6. der Schuldner in der nach § 287 Absatz 1 Satz 3 vorzulegenden Erklärung und in den nach § 305 Absatz 1 Nummer 3 vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat,
  7. der Schuldner seine Erwerbsobliegenheit nach § 287b verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; § 296 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
Können einzelne Forderungen von der Restschuldbefreiung ausgenommen sein?

Ja. Bestimmte Forderungen, auch bekannt als Attributsforderungen, werden gemäß § 302 InsO von der Restschuldbefreiung nicht erfasst, soweit die Gläubiger:innen dies entsprechend anmelden. Hierzu gehören:

  • Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung (§ 302 Nr. 1 InsO).
  • Verbindlichkeiten des Schuldners aus rückständigem gesetzlichem Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt hat (§ 302 Nr. 1 InsO).
  • Verbindlichkeiten des Schuldners aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach den §§ 370372 oder § 374 AO rechtskräftig verurteilt worden ist.
  • Geldstrafen des Schuldners (§ 302 Nr. 2 InsO). Außerdem werden alle in § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO genannten Tatbestände erfasst. Hierzu gehören insbesondere Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder.
  • Verbindlichkeiten aus zinslosen Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden (§ 302 Nr. 3 InsO). Diese umfassen Forderungen von Darlehensgebern (z. B. karitative und soziale Einrichtungen), die den Schuldner bei der Aufbringung der Verfahrenskosten unentgeltlich unterstützen. Voraussetzung für die Privilegierung ist jedoch, dass das Darlehen zinslos und ausschließlich zweckgebunden zur Begleichung der Verfahrenskosten gewährt wurde. 
Welche Folgen hat eine festgestellte Ausnahme von der Restschuldbefreiung?

Liegen die Voraussetzungen von § 302 InsO vor und haben die Gläubiger:innen einen entsprechenden Antrag gestellt, wird die Forderung nicht von der Restschuldbefreiung erfasst. Das bedeutet, dass die Gläubiger:innen ihre Forderung auch nach erteilter Restschuldbefreiung in voller Höhe geltend machen können. Weitere Voraussetzung ist, dass die Schuldner:innen von dem Insolvenzgericht auf die Möglichkeit des Widerspruchs hingewiesen wurde (§ 175 InsO).

Kann ich der Anmeldung einer Forderung als Deliktsforderung widersprechen?

Ja! Um die Folgen der Eintragung einer Forderung als sogenannte Deliktsforderung zu verhindern, müssen Schuldner:innen während des Prüfungstermins dem Attribut der Forderung widersprechen. Wird das Verfahren schriftlich durchgeführt, muss der Widerspruch bis zum Prüfungsstichtag erfolgen. 

Wenn Schuldner:innen es versäumen, Widerspruch einzulegen, tritt die Rechtskraftwirkung der Tabelleneintragung ein. Dadurch verlieren die Schuldner:innen die Möglichkeit, das Versäumnis nachträglich zu korrigieren.