Geschäftsleiterhaftung: Nachhaftung des ausgeschiedenen Geschäftsführers für Schäden von Neugläubigern

Die Geschäftsleiterhaftung in der Insolvenz ist ein vielschichtiges und komplexes Thema, das auch im Hinblick auf die Haftung ausgeschiedener Geschäftsführer besondere Aufmerksamkeit verdient. Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil vom 23.07.2024 – II ZR 206/22 u.a. zu der Nachhaftung eines ausgeschiedenen Geschäftsführers auch für Forderungen von Neugläubigern einer insolvenzreifen GmbH entschieden.

1. Grundlagen der Geschäftsleiterhaftung

2. Nachhaftung des ausgeschiedenen Geschäftsführers

3. Haftung gegenüber Neugläubigern

4. Beweislast und Verteidigungsmöglichkeiten

1. Grundlegende rechtliche Rahmenbedingungen

Geschäftsleiter (z.B. Geschäftsführer*innen, Vorständ*innen) haben eine Vielzahl von gesetzlichen Pflichten. Die Nichtbeachtung dieser Pflichten kann zu der persönlichen Haftung des Geschäftsleiters führen. Die Haftung von GmbH-Geschäftsführern haben wir hier bereits dargestellt.

In der wirtschaftlichen Krise sind insbesondere die §§ 15a InsO zu beachten. Hieraus resultiert die Pflicht des Geschäftsführers, grundsätzlich die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft stets zu prüfen und rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen, sollte die Gesellschaft in wirtschaftliche Schieflage geraten. Der Gesetzgeber möchte so die Gläubiger schützen.

2. Die Nachhaftung des ausgeschiedenen Geschäftsführers

Auch nach dem Ausscheiden eines Geschäftsführers kann eine Nachhaftung bestehen. Diese Geschäftsleiterhaftung betrifft insbesondere Fälle, in denen der ehemalige Geschäftsführer für Fehler verantwortlich gemacht wird, die während seiner Amtszeit begangen wurden, aber erst nach seinem Ausscheiden Schäden verursachen. 

Der BGH entschied, dass ein Geschäftsführer die wirtschaftliche Lage des Unternehmens laufend zu beobachten und sich bei Anzeichen einer Krise durch Aufstellung eines sogenannten Vermögensstatus einen Überblick über den Vermögensstand zu verschaffen habe. 

Hiervon ist ein Geschäftsführer auch dann nicht entbunden, wenn es bei mehreren Geschäftsführern eine Ressortaufteilung gibt. Eine solche Ressortaufteilung entbindet einen Geschäftsführer nach der Entscheidung des BGHs nicht davon, in eigener Verantwortung für die ordnungsgemäße Führung der Geschäfte Sorge zu tragen. 

3. Haftung gegenüber Neugläubigern

Der aus dem Amt ausgeschiedene Geschäftsführer haftet nach der Rechtsprechung des BGH gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a InsO grundsätzlich auch für Schäden von Neugläubigern, die erst nach seinem Ausscheiden in vertragliche Beziehungen zu der Gesellschaft getreten sind, wenn die durch seine Antragspflichtverletzung geschaffene verschleppungsbedingte Gefahrenlage im Zeitpunkt der Schadensentstehung noch fortbesteht.

Die Antragspflicht des Geschäftsführers (§ 15a InsO) soll dafür sorgen, dass finanziell kränkelnde Unternehmen aus dem Rechtsverkehr entfernt werden. Besteht die Gesellschaft nach Ausscheiden eines Geschäftsführers deshalb fort, obwohl der ausgeschiedene Geschäftsführer bereits hätte einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen müssen, kann eine Haftung bestehen. 

Bereits begangene Antragspflichtverletzungen werden durch den Fortfall der Organstellung ebenso wenig rückwirkend beseitigt wie die Verantwortung des Geschäftsführers für darauf zurückzuführende Verschleppungsschäden

4. Beweislast und Verteidigungsmöglichkeiten

In der Praxis stellt sich häufig die Frage, wer die Beweislast für eine Pflichtverletzung trägt. Grundsätzlich liegt diese beim Kläger, also dem Neugläubiger. Es bestehen jedoch verschiedene Verteidigungsmöglichkeiten, etwa durch den Nachweis, dass er bei der Geschäftsführung sorgfältig gehandelt hat. Die Prüfung dieser komplexen Fragen bedarf einer dezidierten anwaltlichen Beratung. 

Die Geschäftsführerhaftung spielt in vielen Insolvenzverfahren eine entscheidende Rolle und kann zu erheblichen Haftungsforderungen führen. Eine frühzeitige anwaltliche Beratung kann vor hohen Forderungen schützen. Rechtsanwalt Herr Maximilian Rohrbach berät laufend Geschäftsführer zu sämtlichen Haftungsfragen. Erfahrungsgemäß ist eine frühzeitige Einschaltung für die Abwehr von Haftungsansprüchen entscheidend. Kontaktieren Sie uns daher gerne zu Ihren Fragen.