Muss man sich aufgrund seiner finanziellen Situation mit einer Privatinsolvenz beschäftigen, steht man häufig zunächst vor der Frage, wie kann ich meine Privatinsolvenz beantragen? Welche Voraussetzungen muss ich hierfür erfüllen? Wo beantrage ich das Verfahren für die Privatinsolvenz? Die Antworten auf diese Fragen möchten wir nachfolgend allgemein veranschaulichen.
1. Unterschied Privatinsolvenz / Regelinsolvenz
2. Außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren
3. Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
4. Zusammenfassung
1. Abgrenzung Verbraucherinsolvenz / Regelinsolvenz
Ein Insolvenzverfahren – sei es von einem Unternehmen oder einer Privatperson beantragt, beginnt grundsätzlich mit einem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei dem zuständigen Insolvenzgericht. Bevor man einen solchen Antrag jedoch stellen kann, muss man überprüfen, welche Form des Insolvenzverfahrens die Richtige ist, um Fehler und damit zusätzliche Kosten zu vermeiden.
Bei Privatpersonen ist zunächst die Unterscheidung zwischen Verbraucher- und Regelinsolvenz entscheidend. Verbraucher, d.h. Schuldner:innen, die nie in ihrem Leben eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt haben, müssen das sogenannte Verbraucherinsolvenzverfahren beantragen.
Ist der Schuldner zum Zeitpunkt der Insolvenzantragsstellung selbstständig tätig, so muss das Regelinsolvenzverfahren beantragt werden. Bei ehemals selbstständig tätigen Personen (die selbstständige Tätigkeit muss vollständig beendet sein)muss differenziert werden. Beträgt die Anzahl der Gläubiger 20 oder mehr, ist das Regelinsolvenzverfahren zu beantragen. Es kann auch bei weniger als 20 Gläubigern notwendig sein, das Regelinsolvenzverfahren zu beantragen, und zwar dann, wenn der Schuldner sogenannte „ungeordnete Vermögensverhältnisse“ hat, vgl. § 304 Abs.2 InsO. Wann diese Einzelfälle vorliegen, ist für den juristischen Laien schwierig nachzuvollziehen, weshalb sich die Inanspruchnahme professioneller rechtlicher Unterstützung empfiehlt.
Ein weiteres Kriterium für die Abgrenzung sind Forderungen aus Arbeitsverträgen. Bestehen gegen den/die Schuldner:in Forderungen aus Arbeitsverträgen, so ist die Regelinsolvenz zu beantragen, auch wenn weniger als 20 Gläubiger vorhanden sind. Sind dagegen keine Forderungen aus Arbeitsverträgen vorhanden, kann das Verbraucherinsolvenzverfahren beantragt werden. Allerdings sind auch hier die Ausführungen zu den „ungeordneten Vermögensverhältnissen“ zu beachten.
Für alle Privatpersonen besteht in der Regel die Möglichkeit, die sogenannte Restschuldbefreiung zu erlangen, d.h. dass nach Beendigung des Insolvenzverfahrens und Durchführung der Wohlverwaltensperiode die anschließend noch offenen Restschulden erlassen werden. Dies gilt nicht nur für Verbraucher, sondern auch für (ehemals) unternehmerisch tätige Schuldner:innen und Freiberufler.
2. Außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren
Die Abgrenzung Verbraucher- / Regelinsolvenz ist ferner dafür wichtig, ob quasi direkt ein Insolvenzverfahren beantragt werden kann, oder ob vorab ein sogenanntes Außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren durchgeführt werden muss.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren sieht zwingend vor, dass ein Außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren durchgeführt werden muss, bevor ein zulässiger Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens gestellt werden kann, § 305 Abs.1 Nr. 1 InsO.
Das Außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren stellt einen Einigungsversuch zwischen dem/der Schuldner:in und seinen Gläubigern ohne die Durchführung eines Insolvenzverfahrens dar. Das bedeutet, der/die Schuldner:in nimmt Kontakt zu all seinen Gläubigern auf und versucht unter Offenlegung seiner finanziellen Situation eine Einigung über die bestehenden Schulden zu treffen.
Eine solche Einigung setzt allerdings voraus, dass alle Gläubiger der Einigung zustimmen. Beantragt nach der Kontaktaufnahme durch den/die Schuldner:in ein Gläubiger die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des/der Schuldners:in, so gilt das Außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren als gescheitert, § 305a InsO.
Das Außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren läuft in der Regel so ab, dass zunächst eine Aufstellung der bestehenden Gläubiger erstellt wird. Die Gläubiger werden anschließend erstmals angeschrieben und gebeten, die aktuelle Forderung zu beziffern. Haben die Gläubiger dies getan, hat man eine Übersicht über die konkrete Höhe der bestehenden Schulden.
Nun kann ein Angebot an die Gläubiger vorbereitet werden. Hierbei ist die finanzielle Leistungskraft der Schulder:innen zu berücksichtigen. Das ermittelte Angebot wird anschließend den Gläubigern übersandt, welche sich wiederum mit einer positiven oder negativen Rückmeldung an den/die Schuldner:in wenden. Solle keine einstimmige Zustimmung der Gläubiger erfolgen, ist der Weg in das Verbraucherinsolvenzverfahren offen. Allerdings besteht natürlich gleichwohl die Möglichkeit, zur Vermeidung des Insolvenzverfahrens das außergerichtliche Angebot anzupassen.
3. Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Scheitert das Außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren ist der Weg frei für die Beantragung des Verbraucherinsolvenzverfahrens. Bei dem Verbraucherinsolvenzverfahren ist zu beachten, dass Formzwang herrscht, d.h. der Antrag darf nur auf den von den Insolvenzgerichten bereitgestellten Formularen erfolgen. Diese findet man z.B. hier.
Dem Antrag müssen Nachweise über die bestehenden Forderungen und das vorhandene Vermögen beigefügt sein. Ferner muss eine Bescheinigung einer geeigneten Stelle über das Scheitern des Außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens.
Der Antrag muss beim zuständigen Insolvenzgericht gestellt werden.
4. Zusammenfassung
Für die Beantragung eines Privatinsolvenzverfahrens sind viele rechtliche Fragestellungen zu beantworten. Das Außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren müssen Schulder:innen von einer „geeigneten Person oder Stelle“ (§ 305 Abs.1 Nr. 1 InsO) durchführen lassen. Das bedeutet, Schulder:innen können das Außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren nicht selbst durchführen, sondern müssen sich z.B. von einem Rechtsanwalt beraten lassen.
Zudem kann ein Rechtsanwalt dem/der Schuldner:in eine für seine Hausbank notwendige Bescheinigung ausstellen, damit er ein Pfändungsschutzkonto einrichten kann. Insgesamt ist es im Interesse der Schulder:innen, sich von einem Experten beraten zu lassen. In unserem Hause steht Ihnen Rechtsanwalt Herr Maximilian Rohrbach für insolvenzrechtliche Fragestellungen zur Verfügung.