BFH bejaht Schenkungssteuer für Abfindung bei ehevertraglichem Verzicht auf Zugewinnausgleich

Zunehmend werden vor der Hochzeit Eheverträge geschlossen. Meist wird eine sogenannte modifizierte Zugewinngemeinschaft vereinbart. Dies bedeutet, dass für den Fall, dass die Ehe mit Scheidung enden sollte, wechselseitig keine Ansprüche auf Zugewinnausgleich geltend gemacht werden. Jeder behält sein jeweiliges Vermögen.

Besteht zwischen den Eheleuten ein erhebliches wirtschaftliches Ungleichgewicht, vereinbaren die Eheleute häufig eine Entschädigung zu Gunsten des wirtschaftlich schwächeren Ehepartners.

Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 09.04.2025 – II R 48/21

In dem vorliegenden Fall hatten die Eheleute als Abfindung für den Verzicht auf etwaigen Zugewinnausgleich im Falle der Scheidung und für den Verzicht von etwaigen Unterhaltszahlungen einen pauschalen Betrag in Höhe von € 6 Mio zugewandt. Das Finanzamt erhob hierauf eine Schenkungssteuer in Höhe von € 832.000,00. Gegen diesen Steuerbescheid klagten die Eheleute.

Der Vertrag war und ist zivilrechtlich wirksam, zu entscheiden war aber die steuerrechtliche Bewertung der Abfindungszahlung. Es besteht der Grundsatz, dass Zahlungen von Zugewinnausgleich steuerfrei sind, wohingegen bei etwaigen Schenkungen unter Eheleuten ein Freibetrag von € 500.000 gilt und darüber hinaus Schenkungssteuer zu zahlen ist. 

Die steuerliche Beurteilung von Vermögensübertragungen im Zusammenhang mit Eheverträgen war bislang umstritten. Während die zivilrechtliche Inhaltskontrolle nach § 138 BGB in Fällen auffälliger Benachteiligung eines Ehegatten zur Unwirksamkeit einzelner Klauseln führen kann, bleibt auf schenkungsteuerlicher Ebene zu prüfen, ob die Übertragung als entgeltlich oder unentgeltlich zu qualifizieren ist. Maßgeblich ist, ob der Verzicht auf künftige Ansprüche als bewertbare Gegenleistung gilt oder nicht. 

Der Ehemann argumentierte, die Übertragung sei Teil eines ausgewogenen Ehevertrags und diene der Vermeidung der Sittenwidrigkeit nach der Rechtsprechung des BGH. Der Verzicht seiner Ehefrau stelle daher eine angemessene Gegenleistung dar. Zudem habe der Vertrag unter anwaltlicher Beratung stattgefunden und beruhe auf einem wirtschaftlich nachvollziehbaren Ausgleich. Das Finanzgericht Hamburg wies die Klage ab, der BFH bestätigte das Urteil.

Das Urteil des Bundesfinanzhofs im Detail

Der BFH stellt zunächst klar, dass der objektive Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt ist. Eine freigebige Zuwendung liegt vor, wenn der Empfänger auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird und die Zuwendung objektiv unentgeltlich erfolgt. Der Verzicht auf künftige Ansprüche – gleich ob Zugewinn, Unterhalt oder Hausratsteilung – begründet keine bewertbare Gegenleistung. Nach § 7 Abs. 3 ErbStG sind Leistungen, die nicht in Geld veranschlagt werden können, bei der Feststellung der Bereicherung außer Betracht zu lassen.

Vor Beginn der Ehe sei ungewiss, ob und wann diese endet, ob eine Forderung nach Zugewinnausgleich entsteht und in welcher Höhe sie gegebenenfalls bestehen würde. Auch ein Unterhaltsanspruch hängt von der künftigen Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit ab (§§ 1569 ff. BGB). Damit fehlt es an der Bewertbarkeit der Verzichtsleistung.

Der Senat grenzt zugleich die sogenannte Bedarfsabfindung ab: Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass der Abfindungsbetrag erst mit Beendigung der Ehe fällig wird und die vertragliche Regelung somit aufschiebend bedingt ist. In solchen Fällen kann eine Bewertung bei Eintritt der Bedingung erfolgen, sodass § 7 Abs. 3 ErbStG keine Anwendung findet. Im Streitfall hingegen erfolgte die Übertragung unabhängig von einer Scheidung, weshalb eine Pauschalabfindung und keine Bedarfsabfindung vorlag.

Auch der subjektive Tatbestand sei erfüllt. Der Kläger habe bewusst unentgeltlich gehandelt, da ihm bekannt war, dass im Zeitpunkt der Übertragung keine konkreten Ansprüche bestanden. Seine Annahme, der Verzicht sei eine Gegenleistung, sei ein unbeachtlicher Subsumtionsirrtum. Die Motive, etwa der Wunsch nach Rechtssicherheit oder der Rat anwaltlicher Berater, ändern daran nichts.

Die Bedeutung des Urteils

Die Entscheidung führt die Linie der bisherigen BFH-Rechtsprechung konsequent fort. Der BFH trennt zivil- und steuerrechtliche Beurteilung strikt: Selbst, wenn ein Ehevertrag zivilrechtlich nur durch eine Ausgleichszahlung wirksam bleibt, entsteht daraus keine steuerlich relevante Gegenleistung. Das Urteil verdeutlicht den engen Anwendungsbereich des § 7 Abs. 3 ErbStG und bestätigt, dass ungewisse, künftige Ansprüche nicht bewertet werden können.

Praktisch bedeutet dies, dass Vermögensübertragungen im Vorfeld der Ehe regelmäßig der Schenkungsteuer unterliegen, sofern sie nicht an die Beendigung der Ehe geknüpft sind. Gestaltungen über Bedarfsabfindungen bleiben hingegen möglich, erfordern aber eine aufschiebende Bedingung und eine klare Trennung von ehezeitlichen und nachehelichen Regelungen.

Somit ist man gut beraten, wenn man vor dem Abschluss eines Ehevertrages diesen zivil- und steuerrechtlich prüfen lässt. Gern hilft Ihnen Fachanwältin für Familienrecht Frau Julia Gerstein-Thole dabei weiter.