Wer sein Haustier mit ins Flugzeug nimmt, rechnet selten damit, dass der geliebte Vierbeiner juristisch wie ein Koffer behandelt wird. Doch genau das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) nun entschieden: Tiere, die im Frachtraum befördert werden, sind haftungsrechtlich als Reisegepäck anzusehen. (Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 16. Oktober 2025 (C-218/24))
Der Ausgangsfall: Hündin verschwindet auf Flug
Eine Reisende wollte ihre Hündin auf einem Flug von Buenos Aires nach Barcelona transportieren lassen. Da das Tier zu groß für die Kabine war, wurde es in einer Transportbox im Frachtraum mitgenommen. Beim Verladen brach die Hündin jedoch aus der Box aus und verschwand. Das Tier wurde nie wiedergefunden.
Die Besitzerin verlangte von der Fluggesellschaft 5.000 Euro Schadensersatz als Ausgleich für den Verlust ihres Haustiers. Die Fluggesellschaft akzeptierte grundsätzlich die Haftung, berief sich aber auf die im Montrealer Übereinkommen festgelegte Haftungsgrenze für verlorenes Reisegepäck. Diese liegt bei rund 1.800 Euro, sofern kein höherer Wert vorab angegeben und bezahlt wurde.
Rechtliche Streitfrage: Tier oder Gepäckstück?
Das spanische Gericht, bei dem die Klage einging, wollte vom EuGH wissen, ob ein Haustier überhaupt unter den Begriff des „Reisegepäcks“ fällt oder ob es als Lebewesen rechtlich gesondert zu behandeln ist. Das Gericht beantworteten diese Frage nun eindeutig:
Haustiere sind vom Begriff des Reisegepäcks nicht ausgenommen.

Das Montrealer Übereinkommen unterscheidet zwischen drei Kategorien: Personen, Gütern und Reisegepäck. Da ein Tier keine Person im Sinne des Abkommens ist, fällt es – sofern es mit dem Reisenden transportiert wird – unter die Kategorie des Reisegepäcks.
Folgen für die Haftung der Airline
Damit unterliegt auch der Verlust eines Tieres im Frachtraum denselben Haftungsgrenzen wie ein verlorener Koffer. Die Entschädigung ist also auf den gesetzlichen Höchstbetrag begrenzt. Der EuGH stellte außerdem klar, dass der Tierschutz als allgemeines Ziel der Europäischen Union zwar von großer Bedeutung sei, dies aber nichts an der rechtlichen Einstufung ändere. Entscheidend sei, dass die Transportbedingungen den Anforderungen des Tierschutzes genügen.
Praktische Bedeutung für Tierhalter
Das Urteil dürfte für viele Tierbesitzer ernüchternd sein. Wer seinen Hund oder seine Katze im Frachtraum mitfliegen lässt, muss wissen, dass die Airline nicht unbegrenzt haftet, wenn etwas schiefgeht. Tiere im Frachtraum gelten als aufgegebenes Reisegepäck. Die Haftung ist grundsätzlich auf ca. 1.800 Euro beschränkt. Ein höherer Anspruch ist nur möglich, wenn vorher ein besonderer Wert angegeben und bezahlt wurde und auch nur, wenn die Fluggesellschaft zustimmt. Für immaterielle Schäden – etwa den emotionalen Verlust – gibt es keinen gesonderten Ausgleich über diese Grenze hinaus.
Fazit: Emotionale Tragödie, aber rechtlich klare Grenzen
Auch wenn viele Tierhalter ihre Haustiere als Familienmitglieder betrachten, macht das Luftverkehrsrecht hier keinen Unterschied. Der EuGH stellt sich strikt auf den Standpunkt des Montrealer Übereinkommens:
Ein Tier, das im Frachtraum befördert wird, ist rechtlich Teil des Reisegepäcks, und die Haftung der Fluggesellschaft bleibt begrenzt.
Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte sich vor Reiseantritt über zusätzliche Versicherungsoptionen informieren – oder, wenn möglich, den Vierbeiner in der Kabine mitnehmen.
In allen strafrechtlichen Fragen und Anliegen berät Sie gern Rechtsanwältin Frau Kumru Dursun.