Anfechtungsklage gegen GmbH-Gesellschafterbeschlüsse

Fehler bei Einladung, Tagesordnung oder Abstimmung passieren – ihre Folgen sind aber beherrschbar. Der richtige Hebel ist die Anfechtungsklage (bzw. bei gravierenden Mängeln die Nichtigkeitsklage).

Wer darf klagen? Wie lang ist die Frist? Und wann ist ein Beschluss nur anfechtbar – oder wirklich nichtig? Die wichtigsten Antworten finden Sie in diesem Beitrag.

1) Wer darf anfechten – und gegen wen richtet sich die Klage?

Anfechtungsbefugt ist grundsätzlich jeder Gesellschafter – unabhängig davon, ob er an der Versammlung teilgenommen oder dem Beschluss widersprochen hat. Die Beschlussmängelklage der GmbH stützt sich seit Langem entsprechend auf die aktienrechtlichen Regeln (§§ 241 ff., 246 AktG). Das hat der BGH bereits 2002 bestätigt, vgl. BGH II ZR 69/01. Beklagte ist regelmäßig die GmbH selbst.

Achtung Gesellschafterliste: Wer zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht (mehr) als Inhaber eines Geschäftsanteils in der Liste eingetragen ist, kann an der Anfechtungsbefugnis scheitern (negative Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG). Das hat der BGH 2021 betont, vgl. BGH II ZR 391/18

2) Welche Fristen gelten – und wann beginnt die Uhr zu laufen?

Regelfrist: Sofern der Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes regelt, gilt analog § 246 Abs. 1 AktG eine Monatsfrist. Innerhalb dieses Monats müssen auch die Anfechtungsgründe in ihrem wesentlichen tatsächlichen Kern in den Prozess eingeführt werden, vgl. BGH II ZR 272/08.

Fristbeginn: Anwesende Gesellschafter kennen den Inhalt regelmäßig mit Feststellung des Beschlussergebnisses. Bei abwesenden Gesellschaftern beginnt die Frist spätestens mit Kenntnis vom Beschlussinhalt – allerdings trifft sie eine zweiwöchige Erkundigungspflicht (z. B. Protokoll anfordern), vgl. OLG Dresden 8 U 2611/19

3) Nichtig oder nur anfechtbar? 

Nicht jeder Fehler macht den Beschluss automatisch nichtig. Der BGH hat am 16. Juli 2024 (II ZR 71/23) klargestellt: Nichtigkeit (entsprechend § 241 Nr. 3 AktG) liegt nur vor, wenn der Beschluss mit dem Wesen der GmbH unvereinbar ist oder zwingende Schutzvorschriften (insbesondere Gläubiger-/Allgemeininteresse) verletzt. Ein bloßer Verstoß gegen satzungsmäßige – nicht zwingende – Kompetenzzuweisungen führt nicht zur Nichtigkeit, sondern „nur“ zur Anfechtbarkeit. Praktischer Fall: Abberufung eines Geschäftsführers bei Hannover 96 – der Beschluss war nicht nichtig, sondern ggf. anfechtbar. Konsequenz: Wer Nichtigkeit rügt, sollte hilfsweise stets Anfechtung erheben, um keinen Rechtsverlust zu riskieren.

4) Taktik & Risiken: Bestätigungsbeschluss, Eilrechtsschutz und Kosten

Bestätigungsbeschluss: Wird ein (nur) anfechtbarer Erstbeschluss später von der Gesellschafterversammlung bestätigt, kann die Anfechtbarkeit des Erstbeschlusses entfallen. Der BGH verlangt dann, dass auch der Bestätigungsbeschluss fristgerecht angefochten wird (entsprechend § 244 S. 1 AktG) – sonst ist die Anfechtung des Erstbeschlusses „verbraucht“. BGH, 26. 01. 2021 – II ZR 391/18.

Eilrechtsschutz: Bei drohenden irreversiblen Maßnahmen (z. B. Einziehung von Anteilen, Abberufung) kommt ergänzend einstweiliger Rechtsschutz in Betracht; parallel aber Hauptsachefrist wahren.

Streitwert/Kosten: Der Streitwert wird häufig entsprechend § 247 AktG bemessen – maßgeblich ist die wirtschaftliche Bedeutung des Beschlusses. Das beeinflusst Gebühren/Kostenrisiko. Frühe Einschätzung spart Geld und Nerven.

Das Fazit

Die Anfechtungsklage ist ein scharfes, aber fristgebundenes Instrument. Wer zügig handelt, die richtige Beklagte adressiert (die GmbH), Gründe früh vorträgt und Bestätigungsbeschlüsse im Blick behält, wahrt seine Optionen – und vermeidet, dass ein fehlerhafter Beschluss Bestand hat. Für die konkrete Strategie (auch im Eilverfahren) lohnt sich frühzeitiger anwaltlicher Rat.

Gerne berät Sie hierbei in unserer Kanzlei Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Herr Maximilian Rohrbach.