In Trennungsfamilien wird das traditionelle Residenzmodell – bei dem ein Elternteil die Hauptbetreuung übernimmt – zunehmend durch das sogenannte Wechselmodell abgelöst. Dieses Modell geht davon aus, dass beide Elternteile sich annähernd gleichwertig um das Kind kümmern. Doch was bedeutet das für den Kindesunterhalt? Und wie wird das Kindergeld aufgeteilt?
Was ist das Wechselmodell?
Das Wechselmodell ist keine juristische, sondern eine tatsächliche Betreuungsform, bei der das Kind abwechselnd bei beiden Elternteilen lebt – in der Regel im Verhältnis von annähernd 50:50. Es setzt eine enge Kooperation und Kommunikation der Eltern voraus.
Abgrenzung zum erweiterten Umgang
Wichtig ist die Abgrenzung zum „erweiterten Umgang“, auch asymmetrisches Wechselmodell genannt, bei dem ein Elternteil zwar deutlich mehr Zeit mit dem Kind verbringt als bei einem klassischen Wochenendumgang, aber die Hauptverantwortung weiterhin bei einem Elternteil liegt. Nur beim echten Wechselmodell liegt eine annähernd gleichwertige Betreuung vor.

Auswirkungen auf den Kindesunterhalt
Grundsatz: Kein klassischer Barunterhalt
Im echten Wechselmodell entfällt die klassische Unterhaltsregelung, bei der nur der nicht betreuende Elternteil Barunterhalt zahlt. Beide Elternteile leisten Naturalunterhalt durch Betreuung und müssen anteilig zum Barbedarf beitragen.
Ermittlung des Barbedarfs
- Der Gesamtbedarf des Kindes (einschließlich Wohnkosten, Verpflegung, Kleidung, Freizeit, Bildung etc.) wird zunächst ermittelt.
- Ausgangspunkt ist meist die Düsseldorfer Tabelle, jedoch nicht bezogen auf das Einkommen eines Elternteils, sondern auf das zusammengerechnete Einkommen beider Eltern.
- Aus der Einkommensstufe des gemeinsamen Einkommens ergibt sich der Bedarf des Kindes.
Quotenmäßige Verteilung
- Der Bedarf wird anteilig nach dem jeweiligen Einkommen beider Eltern verteilt.
- Dabei ist auch zu berücksichtigen, welcher Elternteil welche Kosten tatsächlich übernimmt (z.B. Miete, Schulbedarf, Kleidung etc.).
- Die tatsächlich erbrachten Naturalleistungen werden auf den Unterhaltsanteil angerechnet.
- In der Praxis kann ein Zahlungsausgleichzwischen den Eltern erfolgen, um unterschiedliche Beiträge zum Gesamtbedarf auszugleichen.
Aufteilung des Kindergeldes
Grundsatz: Kindergeld ist Einkommen des Kindes
Kindergeld wird beim Wechselmodell beiden Eltern hälftig zugerechnet (§ 1612b Abs. 3 BGB analog).
- Jeder Elternteil bekommt die Hälfte des Kindergeldes angerechnet, unabhängig davon, wer es tatsächlich ausgezahlt bekommt.
- Wird das Kindergeld nur an einen Elternteil ausgezahlt, kann der andere die Herausgabe der Hälfte verlangenoder dies bei der Berechnung des Ausgleichsbetrags berücksichtigen lassen.
Das Fazit
Das Wechselmodell verändert die klassische Unterhaltsstruktur grundlegend. Statt der einfachen Regel „ein Elternteil betreut – der andere zahlt“, steht eine differenzierte Bedarfs- und Einkommensbetrachtung im Vordergrund. Auch das Kindergeld wird auf beide Eltern aufgeteilt. Für Eltern, die dieses Modell leben oder anstreben, empfiehlt sich eine genaue vertragliche oder gerichtliche Regelung zur Unterhalts- und Kostenverteilung, um Streitigkeiten zu vermeiden.
Viele Eltern richten zum Beispiel ein sogenanntes Kinderkonto ein. Hierauf gehen das Kindergeld und ein definierter Betrag von beiden Eltern ein. Sämtliche Kosten werden dann über dieses Konto gebucht.
Gerne unterstützt Sie in Sorgerechtsfällen und allen weiteren familienrechtlichen Angelegenheiten Rechtsanwältin Frau Julia Gerstein-Thole.