Mord oder Totschlag? Die juristische Abgrenzung im deutschen Strafrecht

Wenn es um die Abgrenzung von Mord und Totschlag geht, hält sich ein weit verbreiteter Irrglaube hartnäckig: Mord sei immer vorsätzlich, während Totschlag aus einem plötzlichen Affekt heraus geschehe. 

Ein Faktor dieser Fehleinschätzung ist nicht zuletzt das amerikanische Rechtssystem, das eine mehrstufige Unterscheidung von Tötungsdelikten vornimmt und tatsächlich mehr Gewicht auf die Frage der Planung legt. Doch so einfach ist es nicht. In Wirklichkeit sind beide Straftaten vorsätzlich, unterscheiden sich aber in entscheidenden juristischen Merkmalen. 

Im deutschen Strafrecht wird diese Unterscheidung im Strafgesetzbuch (StGB) getroffen:

Nach § 211 StGB ist „Mörder“, wer einen Menschen tötet und dabei ein Mordmerkmal verwirklicht.

Die Mordmerkmale sind abschließend und unterteilen sich in drei Gruppen:

  • Die Beweggründe: Hierzu zählen besonders verwerfliche Motive, wie z.B. Habgier, Heimtücke, Mordlust.
  • Die Tatbegehung: Hierzu zählt die besondere Grausamkeit oder Gefährlichkeit der Tathandlung. 
  • Die Zweck-Motive: Dies umfasst Tötungsdelikte, die darauf abzielen, eine andere Straftat zu verdecken oder zu verdunkeln. 


In Abgrenzung wird nach § 212 StGB als „Totschläger“ bestraft, wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein. Auch der Totschlag ist vorsätzlich, aber er weist keine der spezifischen Mordmerkmale auf.

Der entscheidende Unterschied liegt also nicht in der Frage, ob die Tat geplant oder aus einem Affekt heraus erfolgt, sondern darin, ob eines der Mordmerkmale vorliegt. Diese begründen die besondere Verwerflichkeit des Mordes und rechtfertigen dessen Strafandrohung. 

Ein „geplanter“ Totschlag ist daher nicht automatisch ein Mord, ebenso wenig wie ein Totschlag immer aus einem plötzlichen Affekt heraus geschehen muss.

In allen strafrechtlichen Belangen vertritt und berät Sie gern Rechtsanwältin Frau Kumru Dursun.