BVerfG: Verantwortlichkeit des Kfz-Halters bei Verkehrsverstößen

Grundlage für die Verfolgung von Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) durch die zuständigen Bußgeldbehörden ist meist allein, dass das Fahrzeug am Tatort fotografiert wird. Legt der Betroffene Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein, stützen die Gerichte ihre Urteile häufig nur auf dieses Beweismittel. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit einem Beschluss vom 17.05.2024 erneut klargestellt, dass selbst in Bagatellfällen eine solche Beweisführung für eine Verurteilung nicht ausreicht. (BVerfG Beschluss v. 17.05.2024, 2 BvR 1457/23)

Der Hintergrund:

Der Halter eines Fahrzeugs wird von der Polizei in einer Parkzone mit dem Zusatzzeichen „Parkscheibe“ fotografiert. Auf dem Foto war die hinter der Windschutzscheibe platzierte Parkscheibe zu sehen. Die zulässige Parkdauer war bereits deutlich überschritten. Gegen den Halter wird daraufhin ein Bußgeldbescheid erlassen. Der Halter legt Widerspruch ein.

Im anschließenden Verfahren vor dem Amtsgericht machte er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Die Feststellungen zum Sachverhalt basierten somit nur auf den Inhalten des Bußgeldbescheides, den Lichtbildern und der Haltereigenschaft.

Das Amtsgericht verurteilte den Halter zu einer Geldbuße von 30 EUR wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Parkdauer. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen. 

Der Halter erhob Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht und machte geltend, dass die Entscheidung gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstößt, da er einer willkürlichen Rechtsanwendung ausgesetzt war.

Die Entscheidung: 

Das BVerfG hebt die Entscheidung des Amtsgerichts auf. Aus den Gründen:

Das Amtsgericht hat in der Person des Halters weder ein aktives Tun noch ein Begehen durch Unterlassen festgestellt. Die Lichtbilder haben keinerlei Aussagekraft darüber, ob der Halter das Fahrzeug bei der bestimmten Fahrt auch tatsächlich geführt hat. Aus dem Umstand der Haltereigenschaft allein darf, bei Fehlen jedes weiteren Beweisanzeichens, nicht auf dessen Täterschaft geschlossen werden.

Das Fazit:

Somit stellt das BVerfG fest, dass das angegriffene Urteil auf sachfremden Erwägungen beruht und den Halter in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Damit unterstreicht das Bundesverfassungsreicht noch einmal, dass eine solche Beweisführung in Fällen von Verkehrsverstößen nicht ausreichend ist.

Gerne berät Sie in weiteren strafrechtlichen Angelegenheiten Rechtsanwältin Frau Kumru Dursun.