In Deutschland kann jeder in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Wenn Schulden so hoch werden, dass man sie nicht mehr bedienen kann, bietet das Insolvenzrecht verschiedene Möglichkeiten, um sich zu entschulden und einen wirtschaftlichen Neuanfang zu starten. Unter dem Oberbegriff „Privatinsolvenz“ werden zwei Verfahren unterschieden: das Verbraucherinsolvenzverfahren und das Regelinsolvenzverfahren. Aber welches der beiden Insolvenzverfahren ist für wen geeignet und was sind die wesentlichen Unterschiede?
1. Zielgruppen der Insolvenzverfahren
Der entscheidende Unterschied zwischen Verbraucher- und Regelinsolvenz liegt in der Zielgruppe, für die diese Verfahren vorgesehen sind:
Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist speziell für natürliche Personen vorgesehen, die keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben oder ausgeübt haben. Das betrifft in erster Linie Arbeitnehmer, Rentner oder Arbeitslose. Auch ehemals Selbstständige, die weniger als 20 Gläubiger und keine offenen Forderungen aus Arbeitsverhältnissen (z.B. Löhne) haben, können unter Umständen das Verbraucherinsolvenzverfahren wählen.
Das Regelinsolvenzverfahren ist grundsätzlich für juristische Personen (z.B. GmbHs) und Selbstständige vorgesehen. Auch ehemals Selbstständige, die mehr als 20 Gläubiger oder noch Verbindlichkeiten gegenüber Arbeitnehmern haben, könnenunter dieses Verfahren fallen.
2. Ablauf der Verfahren
Beide Verfahren sind darauf ausgelegt, eine Entschuldung der betroffenen Person oder Firma zu ermöglichen, sie unterscheiden sich jedoch in ihrem Ablauf.
Verbraucherinsolvenz: Vor dem eigentlichen Insolvenzverfahren ist ein außergerichtlicher Einigungsversuch mit den Gläubigern gesetzlich vorgeschrieben. Dieser Einigungsversuch muss von einem Anwalt begleitet werden. Erst wenn dieser Versuch scheitert, kann das eigentliche Insolvenzverfahren beim Amtsgericht beantragt werden.
Der Schuldner reicht beim Gericht eine Vermögensauskunft ein, das Gericht setzt einen Insolvenzverwalter ein und prüft die Vermögenslage. Anschließend folgt die sogenannte Wohlverhaltensphase, in der der Schuldner sein pfändbares Einkommen an den Insolvenzverwalter abtritt.
Regelinsolvenz: Hier gibt es keinen außergerichtlichen Einigungsversuch als Pflichtvoraussetzung. Die Anmeldung erfolgt direkt beim Amtsgericht. In der Regel wird dabei auch ein Insolvenzverwalter bestellt, der die Vermögensverhältnisse des Schuldners prüft, das Unternehmen (falls noch vorhanden) verwaltet und gegebenenfalls verwertet. Auch hier gibt es bei natürlichen Personen eine Wohlverhaltensphase.
3. Restschuldbefreiung
Beide Verfahren zielen auf eine Restschuldbefreiung, das bedeutet, dass nach einer bestimmten Zeit die verbleibenden Schulden erlassen werden, wenn der Schuldner seine Pflichten erfüllt.
4. Fazit
Obwohl Verbraucher- und Regelinsolvenz auf den ersten Blick ähnlich erscheinen, unterscheiden sie sich in Zielgruppe, Ablauf und Komplexität erheblich. Die Entscheidung, welches Verfahren zu wählen ist, kann jedoch Wirksamkeitsvoraussetzung für den Insolvenzantrag sein und sollte daher juristisch fundiert sein. Unsere Experten beraten Sie hierzu gerne.