OLG Frankfurt/ M, BGB §§133, 2265, 2303, Beschluss vom 21.02.2023:
Wird in einer Pflichtteilsstrafklausel der Wegfall der Schlusserbenstellung an den „Erhalt“ des Pflichtteils geknüpft, so bleibt die Erbenstellung bestehen, wenn der betroffene Erbe tatsächlich keine Mittel aus dem Nachlass nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten erhalten hat.
Worum geht es in dieser Entscheidung?
Sehr häufig verfügen Eheleute testamentarisch, dass sie sich wechselseitig zu Alleinerben einsetzen und ihre Kinder zu Schlusserben zu gleichen Teilen.
Um die Kinder beim ersten Erbfall davon abzuhalten, dass sie ihren Pflichtteil geltend machen und so der überlebende Elternteil dieses Kind dann auszuzahlen hat, werden in diesen Ehegattentestamenten häufig sogenannte Strafklauseln aufgenommen.
Über eine solche Strafklausel hatte das OLG Frankfurt zu entscheiden.
Die Eheleute hatten in ihr Testament folgenden Text aufgenommen:
„Wir gehen davon aus, dass unsere Kinder keinen Anspruch auf einen Pflichtteil nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils erheben. Nach dem Tod des überlebenden Partners wird das Vermögen unter den Kinder A, B und C zu gleichen Teilen aufgeteilt. Ausgenommen ist dabei das Kind, das einen Pflichtteil beansprucht und erhalten hat.“
Nach dem Tod des Erstverstorbenen Vaters machte A gegenüber der Mutter seinen Pflichtteil geltend und verlangte Auskunft über den Bestand des Nachlasses. Die Mutter erteilte über ein Nachlassverzeichnis Auskunft zum Erbe des Vaters. Hier war eine -aus Sicht des A- zu gering bewertete Immobilie aufgeführt. Letztlich verfolgte A dann seinen Anspruch nicht weiter, dies, um Streit in der Familie zu vermeiden.
Als die Mutter dann auch verstarb, vertraten B und C die Auffassung, dass durch A die Pflichtteilsstrafklausel verwirkt worden war. Demnach wären nur B und C Erben nach der Mutter geworden.
Über zwei Instanzen entschieden die Gerichte, dass Erben in nicht geteilter Erbengemeinschaft alle drei Kinder geworden waren. Denn sie entschieden, dass die Pflichtteilsstrafklausel gegenüber A nicht greift, da die Sanktionswirkung allein dann ausgelöst würde, wenn ein „Mittelabfluss vom Nachlassvermögen“ tatsächlich eingetreten sei.
Dadurch, dass A den sich rechnerisch ergebenden Pflichtteilsanspruch nach dem Tod des Vaters nicht geltend machte und sich auszahlen ließ, war somit die Pflichtteilsstrafklausel nicht erfüllt.
Diese Entscheidung zeigt erneut, wie wichtig die Formulierungen in einem Testament sind und dass die Testierenden bei der Abfassung ihres Testaments die Rechtsfolgen ihrer Verfügungen aufgrund ihrer Reichweite bewusst treffen sollten. Gerne berät Sie in allen Belangen rund um Testamente und Erbschaftsrecht Rechtsanwältin Frau Julia Gerstein-Thole.