Im Rahmen einer Scheidung kann auch der vermögensrechtliche Ausgleich, der sogenannte Zugewinnausgleich, durchgeführt werden. Dies für den Fall, dass kein Ehevertrag geschlossen wird. Entweder erfolgt der Zugewinnausgleich im Rahmen des Scheidungsverfahren oder auch nach der Scheidung. Jeder Ehepartner kann grundsätzlich noch 3 Jahre nach Scheidung Auskünfte vom anderen Ehepartner anfordern, dies für den Zeitpunkt der Eheschließung (Anfangsvermögen) und für den Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags (Endvermögen).
Wie funktioniert der sogenannte Zugewinnausgleich?
Das Grundprinzip ist einfach. Ermittelt wird, ob ein Ehepartner im Vergleich zum anderen Ehepartner gemessen an diesen Stichtagen ein höheres Vermögen hat aufbauen können. Wenn dem so ist, erfolgt ein hälftiger Ausgleichsanspruch. Etwaige Schenkungen der Eltern und Erbschaften während der Ehe werden dem Anfangsvermögen zugerechnet (sogenanntes privilegiertes Anfangsvermögen).
Wie wird hierbei mit Verbindlichkeiten, die ein Ehepartner zu Beginn der Ehe hatte, umgegangen und wie sieht die Situation aus, wenn der verschuldete Ehepartner während der Ehe in die Privatinsolvenz geht?
Hier hat bereits 2014 das Oberlandesgericht Naumburg ein interessantes Urteil gefällt, dass die gängige Rechtsprechung zu diesem Thema abbildet.
Eine Zusammenfassung der Rechtsprechung:
Tilgung durch Restschuldbefreiung
Schulden sind auch dann als negatives Anfangsvermögen in die Zugewinnausgleichsbilanz einzustellen, wenn sie während der Ehezeit durch ein Verbraucherinsolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung abgebaut wurden. So entschied jetzt das OLG Naumburg in folgendem Fall:
Der Ehemann war im Jahr 2000 mit Schulden von ca. 200.000 EUR in die Ehe gegangen. Während der Ehezeit durchlief er ein Verbraucherinsolvenzverfahren und erlangte im Jahr 2008 eine Restschuldbefreiung. In dem später durchgeführten Zugewinnausgleichsverfahren stellte das Familiengericht die Schulden als negatives Anfangsvermögen in die Zugewinnausgleichsbilanz ein. Dadurch errechnete sich für den Ehemann ein höherer Zugewinn als bei der Ehefrau, sodass sein Antrag auf Zahlung von Zugewinnausgleich zurückgewiesen wurde. Seine Beschwerde blieb erfolglos.
Klarer Gesetzeswortlaut
Nach Auffassung des OLG Naumburg sind nach dem eindeutigen Wortlaut des § 1374 Abs. 3 BGB sämtliche Verbindlichkeiten in das Anfangsvermögen einzustellen. Eine Differenzierung danach, ob sich ein anschließender, für das Endvermögen maßgeblicher Vermögenszuwachs aufgrund einer Tilgung der anfänglichen Verbindlichkeiten oder aber als Konsequenz einer Restschuldbefreiung im Rahmen eines Verbraucherinsolvenzverfahrens ergeben hat, sehe das Gesetz nicht vor. Daher überschreite es die Grenzen einer zulässigen Auslegung, wenn man den klaren Wertungen und Vorgaben des Gesetzgebers in § 1374 Abs. 3 BGB mit einer eigenen bewertenden Betrachtung entgegentreten würde. Aufgrund des Stichtagsprinzips könne es nach der güterrechtlichen Konzeption der Zugewinngemeinschaft nicht auf die Gründe ankommen, warum es zwischen den beiden Stichtagen zu einer Veränderung der Vermögensverhältnisse gekommen ist.
Schutz des Ehegatten
Der mit Schulden in die Ehe gehende Ehegatte sei dadurch nicht vollkommen schutzlos. Seine Ausgleichspflicht beschränke sich gem. § 1378 Abs. 2 Satz 1 BGB auf das bei Beendigung des Güterstands vorhandene aktive Vermögen. Im Übrigen stehe es den Ehegatten frei, ehevertraglich abweichende Vereinbarungen zu treffen (OLG Naumburg, Beschluss v. 17.12.2014, 4 UF 153/14).
Bei Fragen rund um das Thema Scheidung und Zugewinnausgleich berät Sie gern Fachanwältin für Familienrecht Julia Gerstein-Thole.