Warum es sich immer lohnt einen Strafverteidiger zu beauftragen – Die Akteneinsicht!

Wenn Post von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft kommt, stellt sich häufig die Frage, ob man einen Anwalt anrufen sollte oder nicht. Im Strafverfahren geht es um sehr viel, es geht um Strafen, aber auch um die Reputation der Beschuldigten, manchmal sogar um Existenzen. Deshalb ist es besonders wichtig, optimal auf eine Beschuldigung reagieren zu können. Viele wissen, dass der Strafverteidiger die Mandanten in der Hauptverhandlung vor dem Gericht vertritt, aber was kann der Strafverteidiger noch? Die Akteneinsicht! Dieser Artikel fasst die Vorteile zusammen, die die Beauftragung eines Strafverteidigers mit sich bringt. Dabei wird hier zentral das Recht der Akteneinsicht durch den Strafverteidiger beleuchtet. Was ist dieses Akteneinsichtsrecht genau, dass sich in § 147 der Strafprozessordnung versteckt?

1. Das Recht auf Akteneinsicht

In der Strafprozessordnung ist in § 147 StPO das Recht auf Akteneinsicht geregelt. Der Verteidiger ist demnach gemäß § 147 Abs. 1 StPO befugt, die dem Gericht vorliegenden Akten oder die Akten, die im Falle der Anklageerhebung dem Gericht vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen.

Das bedeutet, dass sich der Verteidiger einen umfassenden Überblich darüber verschaffen kann, was auf Seiten der Ermittlungsbehörden oder Anklage vorliegt und damit auch, auf welcher Grundlage die Ermittlungen laufen, bzw. die Anklage gegen ihn erhoben wurde. 

a. Inhalt der Strafakten

In den Strafakten, auch Ermittlungsakten genannt, befindet sich das gesammelte Beweismaterial der Ermittlungsbehörden (Staatsanwaltschaft, Polizei). Das sind die Vermerkte, Verfügungen und vermerkte Notizen innerhalb der Ermittlungen sowie Kommunikationen zwischen verschiedenen Ermittlungsbehörden, aber auch die Beweise im engeren Sinne. Diese sind vor allem Strafanzeigen, Protokolle von Zeugenaussagen und Vernehmungen, vorliegende Schriftstücke und vorläufige Bewertungen und Einschätzungen der Staatsanwaltschaft. Daneben auch Beweisstücke wie Bilder, Videoaufzeichnungen und weitere dokumentierte Beweisstücke. Dazu sind auch Verfahrenshandlungen beim Beschuldigten dokumentiert und können nachträglich nachvollzogen werden.

In der Ermittlungsakte befinden sich mithin alle vorliegenden be- und entlastenden Beweismaterialien, die den Ermittlungsbehörden vorliegen.

bKann der Verteidiger die gesamte Akte einsehen?

Unter strengen Voraussetzungen kann dem Verteidiger eine Einsicht in die Ermittlungen ganz oder teilweise versagt werden, wenn dadurch der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte. Grundsätzlich gewährt die Akteneinsicht dem Strafverteidiger aber einen umfassenden Einblick in die kompletten Ermittlungsvorgänge. Das unbeschränkte Akteneinsichtsrecht besteht ab dem Zeitpunkt, nachdem die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen abgeschlossen hat.

cKann nur der Verteidiger Akteneinsicht nehmen?

Nicht ganz, gemäß § 147 Abs. 4 S. 1 StPO steht dem nicht verteidigten Beschuldigten ein eigenes Auskunftsrecht zu. Diese Akteneinsicht erfolgt in der Regel durch eine Einsicht in die Akte sowie unter Aufsicht Besichtigung der amtlich verwahrten Beweisstücke. Das Akteneinsichtsrecht des Verteidigers ist jedoch deutlich umfangreicher. Unter anderem erfolgt das Akteneinsichtsrecht des Beschuldigten in der Regel unter amtlicher Aufsicht.

Für den nicht verteidigten Beschuldigten als strafrechtlichen Laien ist es aber in der Regel ohnehin unmöglich den Akteninhalt überhaupt in notwendiger Weise zu erfassen und damit eine dem Strafverteidiger vergleichbare Akteneinsicht zu nehmen. Der Strafverteidiger besitzt hingegen die Kenntnisse und die Erfahrung, den Akteninhalt richtig zu erfassen und sicherzustellen, dass der Beschuldigte seine Rechte vollständig wahrnehmen kann.

dAblauf der Akteneinsicht

Die Akteneinsicht durch den Verteidiger kann entweder in den Räumlichkeiten der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts erfolgen, oder aber auch in den Räumlichkeiten der Anwaltskanzlei des Strafverteidigers. In letzterem Fall kann der Verteidiger Kopien von der Ermittlungsakte anfertigen sowie die Einsicht in aller Ruhe durchführen. Die Einsicht in der Kanzlei erfolgt durch die Abholung der Akte von der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht oder der Zusendung der Akte in die Kanzlei des Verteidigers auf dem Postweg.

2. Vorteile der Verteidigung bei der Akteneinsicht

In vielen Fällen kann auf der Basis der Akteneinsicht, durch die dadurch erfolgte Kenntnis des Strafverteidigers vom Akteninhalt erreicht werden, dass ein belastendes Hauptverfahren gar nicht erst eröffnet wird, weil die rechtlichen Voraussetzungen für eine Anklageerhebung gar nicht vorliegen. Durch eine Kommunikation mit der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht kann durch den in solchen Fällen oftmals eine frühzeitige Einstellung des Verfahrens erreicht werden.

Der Beschuldigte, der nicht verteidigt ist, sollte hingegen unter keinen Umständen selbstständig mit der Polizei, Staatsanwaltschaft oder dem Gericht kommunizieren. Es besteht in einem solchen Fall ein Wissensgefälle, dass den Beschuldigten erheblich benachteiligen kann. Er begegnet den Ermittlungsbehörden oder dem Gericht nicht auf Augenhöhe.

Diese Augenhöhe kann der beauftragte Strafverteidiger herstellen. Der Beschuldigte weiß häufig nicht um die Bedeutung seiner Aussagen gegenüber Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht und kann sich dadurch unwissend schnell in die Bredouille bringen. Das kann sehr schnell gehen, indem er sich weiteren Beschuldigungen ausgesetzt sieht, weil er z.B. etwas missverständlich ausdrückt oder nicht richtigverstanden wird. Dazu ist zu berücksichtigen, dass so gut wie jeder Beschuldigte aufgeregt ist, wenn er sich mit Vorwürfen der Ermittlungsbehörden konfrontiert sieht oder durch das Gericht befragt wird. Nicht immer kann ein falsches Verständnis über die Materie oder die Nervosität des Beschuldigten von der Person gegenüber nachvollzogen werden. Diese Person ist auch immer nur ein Mensch und kann nicht in den Kopf des Beschuldigten hineinschauen. Unüberlegtheiten oder Unkonzentriertheiten können schnell irreparable Folgen für das Strafverfahren auslösen.

Denn: Die Aussagen und Einlassungen des Beschuldigten können auch Beweise zu seinen Ungunsten im Strafverfahren sein!

Der beauftragte Verteidiger den Beschuldigten hingegenüber seine Rechte und Pflichten im Strafverfahrenberaten und ihm in der stressigen Phase des Strafverfahrens beistehen. Durch sein umfassendes Akteneinsichtsrecht kann er den Beschuldigten über das Vorgehen im Verfahren beraten und ihn bestmöglich auf seine Handlungen und eine mögliche Hauptverhandlung vorbereiten, damit sich die oben beschriebenen Nachteile des nicht verteidigten Beschuldigten nicht ergeben.  

Ergebnis für den Beschuldigten

Für den Beschuldigten oder den Angeklagten ist die Akteneinsicht durch einen Verteidiger immer zu empfehlen. Nur durch die Einsicht der Ermittlungen kann der Beschuldigte überhaupt wissen, welchen Anhaltspunkten und Tatsachen der gegen Ihn bestehende Verdacht zu Grunde liegt. Ohne eine Akteneinsicht tappt der Beschuldigte quasi im Dunkeln und wird in der Hauptverhandlung regelmäßig von den Ermittlungsergebnissen überrascht. Das hat zur Folge, dass er im Gegensatz zur gründlich vorbereiteten Ermittlungsbehörde nahezu unvorbereitet ist und spontan auf mögliche Vorwürfe reagieren muss. Das verhindert, dass überhaupt eine Hauptverhandlung auf Augenhöhe stattfindet. Als Beschuldigter in einem Strafverfahren gilt es immer mit großem Bedacht und großer Sorgfalt vorzugehen. Dies kann nur unter der Voraussetzung erfolgen, dass der Beschuldigte die Vorgänge ganzheitlich versteht und auf alle Eventualitäten vorbereitet ist. Das gilt unabhängig davon, ob die vorgeworfenen Handlungen wirklich begangen wurden oder nicht.

Daher ist zusammenfassend zu sagen, dass der Beschuldigte in einem Strafverfahren RECHTE hat. Ohne eine effektive und gründliche Akteneinsicht sowie die Kenntnis, welche Rechte ihm zustehen, nützen dem Beschuldigten diese RECHTE jedoch nicht viel. Diese nehmen sich überwiegen nämlich nicht von alleine wahr, sondern müssen durch den Beschuldigten ausgeübt werden.

Deshalb sollten Sie als Beschuldigter eines Strafverfahrens einen Strafverteidiger beauftragen, um Ihr Akteneinsichtsrecht auszuüben und alle Ihnen zustehenden Rechte wahrzunehmen. In unserer Kanzlei vertritt Sie in strafrechtlichen Angelegenheiten gern Rechtsanwalt Herr Henrik Lüth. Kontaktieren Sie uns bei Bedarf gern!