Sonderurlaub: Anspruch, Ablehnung und Nachweispflicht

Urlaub dient in erster Linie der Erholung der Arbeitnehmer. Allerdings kommt es häufig vor, dass ein oder mehrere arbeitsfreie Tage benötigt werden, bei denen die Erholung nicht im Vordergrund steht. Beispielsweise bei Umzug oder Todesfall. Für solche Fälle gibt es Sonderurlaub und/oder Freistellungen. Während beim Sonderurlaub vom Arbeitgeber der Lohn fortgezahlt wird, ist eine Freistellung unbezahlt.

Inhalte zu Sonderurlaub

Ist ein Arbeitnehmer vorübergehend verhindert und kann unverschuldet der Arbeit nicht nachgehen, kann Sonderurlaub genommen werden. Auch wenn das Recht auf Sonderurlaub in der praktischen Umsetzung den Unternehmen überlassen wird, darf ein Antrag, sofern er die Kriterien erfüllt, nicht ohne weiteres abgelehnt werden. Bei einer Ablehnung helfen im Zweifel rechtliche Schritte.

Was genau versteht man unter Sonderurlaub oder Freistellung?

Unter Sonderurlaub verstehen die meisten eine bezahlte Befreiung von der Arbeitspflicht, ohne dass der gesetzliche Urlaubsanspruch gekürzt wird. Grundsätzlich stimmt das. Sonderurlaub ist eine Form des Urlaubs. Er wird gewährt, wenn Arbeitnehmer unverschuldet aus persönlichen Gründen für einen verhältnismäßig nicht erheblichen Zeitraum an der Dienstleistung verhindert sind. Allerdings kann für Fehltage aufgrund von Naturereignissen wie Schnee oder auch aufgrund von Streiks in den öffentlichen Verkehrsmitteln kein Sonderurlaub beansprucht werden. Hier greift das Wegerisiko. Ebenso wenig bekommt man im Krankheitsfall Sonderurlaub.

In § 616 BGB ist Sonderurlaub gesetzlich geregelt. Zwar definiert der Paragraph die Voraussetzungen, wann man Sonderurlaub bekommt, legt aber nicht die Anzahl der Tage fest. Die praktische Umsetzung bestimmen andere Gesetze oder die Unternehmen in Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen.

Allerdings ist der Begriff Sonderurlaub missverständlich. Denn streng genommen bezeichnet er die unbezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht. Doch im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich Sonderurlaub für alle Freistellungen, in denen nach § 616 BGB Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht, etabliert. Wann gibt es Sonderurlaub und wann greift eine Freistellung? Im Zweifelsfall muss das Unternehmen den Anspruch prüfen und eine individuelle Einzelfallentscheidung treffen.

Wann besteht Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub?

Zunächst ist die Dauer der Abwesenheit entscheidend. Sie muss vorübergehend und nicht erheblich sein. Wann man Sonderurlaub bekommt, hängt ferner davon ab, ob der Verhinderungsgrund ohne ihr Verschulden in der Person selbst liegt.

Auch wenn in § 616 BGB nur die Voraussetzungen für Sonderurlaub gesetzlich formuliert sind, werden eine Reihe von Anlässen durch die ständige Rechtsprechung der Arbeitsgerichte allgemein als Grund für Sonderurlaub akzeptiert. Zu ihnen zählen folgende Fälle:

Sonderurlaub Todesfall

Sofern nahe Angehörige versterben, kann man Sonderurlaub bekommen. Als nahe Angehörige gelten Ehepartner und Lebensgefährten. Darüber hinaus zählen eigene Kinder sowie Adoptiv-, Stief- und Pflegekinder sowie die eigenen Eltern und Geschwister dazu. Im Todesfall der Schwiegereltern oder der Großeltern kann grundsätzlich kein Sonderurlaub beansprucht werden, allerdings zeigen sich Arbeitgeber hier oftmals kulant. Die Dauer des Sonderurlaubs im Todesfall schwankt zwischen einem Tag und drei Tagen – abhängig von der Beziehung der Arbeitnehmer zum Verstorbenen. Und davon, ob sie zusammen in einem Haushalt gelebt haben. In der Regel wird ein Anspruch auf 2 Tage Sonderurlaub bestehen, für den Todestag selbst und am Tag der Beerdigung. Drei Tage Sonderurlaub kann es ausnahmsweise geben, wenn der Ehepartner verstorben ist.

Sonderurlaub Hochzeit und Feiern

Für die eigene Hochzeit gibt es einen Tag Sonderurlaub. Dies gilt ebenso für die Hochzeit der Eltern oder die Trauung der Kinder. Auch kann Sonderurlaub für die Silberhochzeit genommen werden. Das gilt auch für die Goldhochzeit der Eltern sowie für die Konfirmation oder Kommunion des eigenen Kindes oder gleichrangige Feste anderer anerkannter Religionsgemeinschaften.

Sonderurlaub Umzug

Ob Anspruch auf Sonderurlaub bei Umzug besteht, ist immer eine Einzelfallentscheidung. Sofern der Umzug aus betrieblichen oder dienstlichen Gründen erforderlich ist, stehen die Chancen gut.

Sonderurlaub Geburt

§ 616 BGB gewährt nur dem Vater bei der Geburt eines ehelichen Kindes einen Tag Sonderurlaub. Allerdings existieren in der Mehrheit der Arbeitsverträge, Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge entsprechende Passagen, die auch unverheirateten Vätern Sonderurlaub für die Geburt zusichern. Dieser Anspruch besteht auch generell bereits vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Da auch gleichgeschlechtliche Ehen/Lebenspartnerschaften nicht benachteiligt werden dürfen, bekommt auch eine Beschäftigte frei, wenn ihre Ehefrau/Lebenspartnerin ein Kind zur Welt bringt.

Weitere Fälle: Pflege, Erkrankung des Kindes, Gerichtstermin, Ehrenamt uvm.

Sonderurlaub für Pflege von Angehörigen

Plötzlich erkrankt ein Familienmitglied? Ein Tag Sonderurlaub für die Pflege von Angehörigen steht Arbeitnehmern zu. Kurzfristig dürfen sogar bis zu zehn Tage Sonderurlaub genommen werden. Allerdings ohne zwingende Lohnfortzahlung.

Sonderurlaub Gerichtstermin

Wird ein Arbeitnehmer als Partei oder Zeuge offiziell vorgeladen, gibt es Sonderurlaub für den Gerichtstermin. Die Dauer ist immer eine Einzelfallentscheidung, abhängig von den angesetzten Verhandlungstagen und dem Gerichtsort.

Sonderurlaub Handwerkertermin

Anspruch auf Sonderurlaub für Handwerkertermine von 1-2 Tagen besteht nur, wenn es sich um einen Notfall mit dringendem Handlungsbedarf wie beispielsweise einem Wasserrohrbruch handelt.

Sonderurlaub für Jobsuche nach Kündigung

Ist der Arbeitnehmer gekündigt, besteht ein Sonderurlaubsanspruch gemäß § 629 BGB. Innerhalb der Kündigungsfrist muss der Arbeitgeber bezahlten Sonderurlaub für die Arbeitslosmeldung bei der Agentur für Arbeit und für Bewerbungsgespräche gewähren.

Wann besteht Anspruch auf unbezahlten Sonderurlaub bzw. Freistellung?

Freistellung bei Erkrankung des Kindes über einen längeren Zeitraum

Der bezahlte Sonderurlaub bei einem kranken Kind endet spätestens nach fünf Tagen. Nach § 45 SGB V besteht ab dem sechsten Tag Anspruch auf unbezahlte Freistellung. Folgend die Voraussetzungen:

  • Vorlage eines ärztlichen Attests
  • Das erkrankte Kind ist unter zwölf Jahre alt.
  • Die Freistellungstage pro Jahr für das kranke Kind sind noch nicht überschritten – zehn Arbeitstage für ein zusammenlebendes oder verheiratetes Paar bzw. 20 Arbeitstage bei Alleinerziehenden.
  • Die Höchstanzahl von unbezahlten, freigestellten Arbeitstagen ist für das Jahr noch nicht ausgeschöpft – 25 Arbeitstage pro Arbeitnehmer bei Paaren bzw. 50 bei Alleinerziehenden, unabhängig davon, wie viele Kinder in der Familie leben.

Während der Freistellung kann Kinderkrankengeld bei den gesetzlichen Krankenkassen beantragt werden.

Freistellung bei Familienfeiern

Nur bei nahen Angehörigen gibt es Sonderurlaub im Todesfall oder Sonderurlaub für Hochzeiten. Bei allen anderen Verwandten müssen sich Arbeitnehmer mit ihrem Arbeitgeber auf eine unbezahlte Freistellung einigen. Wohingegen bei Schul-, Ausbildungs- oder Studienabschluss des Kindes kein Anspruch auf eine Freistellung, weder bezahlt noch unbezahlt, besteht.

Sonderurlaub im öffentlichen Dienst

Für Angestellte im öffentlichen Dienst ist im TVöD Sonderurlaub genau geregelt. „Auch die Dauer des Sonderurlaubs ist festgeschrieben. Allerdings wird der Anspruch auf Sonderurlaub im TVöD an einigen Stellen besonders definiert”, erklärt Rechtsanwalt Alexander Fuchs.

Der größte Unterschied ist bei Sonderurlaub für Hochzeiten zu finden. Nach § 29 TVöD gibt es keinen Sonderurlaub bei eigener Hochzeit oder Eheschließung von Familienmitgliedern. Dennoch kann er auf Antrag hin gewährt werden.

Sonderurlaub im Todesfall ist im öffentlichen Dienst einheitlich geregelt. § 29 TVöD gewährt bei nahen Angehörigen immer zwei arbeitsfreie Tage. Ebenso ist der Sonderurlaub bei Umzug im öffentlichen Dienst pauschal festgesetzt: ein Tag unabhängig von den Gründen.

Wann ist Sonderurlaub nicht möglich?

Jede Feier mitnehmen und sich dafür vom Arbeitgeber von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreien lassen – das ist mit Sonderurlaub nicht möglich. Für Hochzeiten von Freunden, aber auch für Abschlussfeiern des Kindes gibt es keinen Sonderurlaub. Das gleiche gilt für Beerdigungen. Und auch für ehrenamtliche Tätigkeiten in privaten Vereinen oder bei einer Kandidatur für ein öffentliches Amt müssen Arbeitnehmer sich mit ihrem Arbeitgeber auf eine unbezahlte Freistellung einigen.

Nachweispflicht des Arbeitnehmers – was muss man beachten?

Der Bedarf an Sonderurlaub muss dem Arbeitgeber in der Regel vorab angemeldet werden. Dieser wird unter Umständen auch einen Nachweis über den Grund des Sonderurlaubs verlangen – beispielsweise die Geburtsurkunde des Kindes für Sonderurlaub bei einer Geburt.

Sonderurlaub abgelehnt – was tun?

Der Antrag auf Sonderurlaub wurde abgelehnt? Zunächst lohnt sich ein Blick in den Arbeitsvertrag, die Betriebsvereinbarung oder den Tarifvertrag. Wird die bezahlte Freistellung zu Unrecht verweigert, können Arbeitnehmer ihr Recht auf Sonderurlaub mit einer Feststellungsklage einklagen. Hier ist anwaltliche Rücksprache dringend empfohlen. Zudem kann eine Rechtsschutzversicherung hilfreich sein.

Mit der Feststellungsklage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses überprüft werden. Wenn weder Arbeitsvertrag noch Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag den gewünschten Sonderurlaub einschränkt, können sich Arbeitnehmer vor Gericht auf den § 616 BGB – unverschuldete vorübergehende Verhinderung – berufen.

Sofern der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die freien Tage unberechtigt vom Gehalt bereits abgezogen hat, kommt hierneben auch die Zahlungsklage gegen den Arbeitgeber in Betracht.

Bei Rückfragen und Wunsch nach Beratung zum Thema Sonderurlaub, kontaktieren Sie uns gern!